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Katalog-62

62. Gutowski-Auktion - Historische Wertpapiere für Sammler, Kunstliebhaber, Historiker, Heimatforscher und Kapitalanleger

Hafens von Cuxhaven. Auch ihre Schwestergesell- schaft, die Cuxhavener Immobilien-Gesellschaft, hatte ihren juristischen Sitz in Berlin, wo beide AG’s in Bürogemeinschaft geleitet wurden. Die Initiatoren machten das Publikum glauben (und glaubten es möglicherweise selbst), in Cuxhaven werde nach Ankunft der Eisenbahn ein ungeheu- rer Wirtschaftsaufschwung einsetzen, von dem man mit Immobiliengeschäften profitieren müsse. Dazu Otto Glagau in seinem 1877 erschienenen Werk über den Börsen- und Gründungsschwindel: “Die Mitgründer (der Cuxhavener Eisenbahn) Hagenah, Schön, Langhans sowie Director David componirten auch noch in Verbindung mit R. A. Seelig und Eduard Stahlschmidt (Hermann Geber) die Cuxhavener Immobilien-Gesellschaft, eine Filiale der vorigen (Cuxhavener Eisenbahn), um in den neuen Weltstädten Cuxhaven und Ritzebüttel Geschäftshäuser, Hotels etc. zu errichten. Zu die- sem Zwecke ließ Herr Hagenah, der General-Ent- repreneur der Bahn Stade-Cuxhaven, einige Par- zellen zu dem enormen Preise von 549.000 Thaler ankaufen, und überantwortete sie für 1.530.000 Thaler, also mit einer Million Aufschlag, an Eduard Stahlschmidt (Hermann Geber), der sie nun wie- der der plötzlich aus den Coulissen tretenden Immobiliengesellschaft überließ. Herr Greve, bis dahin Commis bei Hagenah und ein junger Mensch von 25 Jahren, hatte den ersten Ankauf vermittelt und ward jetzt Director der neuen Gesellschaft. Als solcher veröffentlichte er in der Hamburger “Börsenhalle” die Bilanz pro 1872, in welcher zu lesen stand: “An Immobilien-Conto, Kaufpreis - 1.530.000 Thaler.” Da ereilte ihn die Nemesis in Gestalt der Staatsanwaltschaft. Was kein Staatsanwalt in Preussen fertig bekommen hat, vollbrachte der Oberstaatsanwalt in Ham- burg, Dr. Mittelstädt, und wir bezeigen ihm hiermit unsern Respect. Trotz des famosen Actiengeset- zes, ja auf Grund desselben erhob er gegen Direc- tor Greve die Anklage wegen “Verschleierung des Vermögensstandes der Gesellschaft”, durch Auf- stellung einer unwahren Bilanz. Der wirkliche Kaufpreis der Parcellen war ja nur 549.000 Thaler gewesen - nicht 1.530.000 Thaler, mit welchen man sie den Actionären berechnete. Was kein Gerichts- hof, weder in Deutschland noch in Oesterreich, bisher glaubte ahnden zu können: die Umtriebe der Gründer - wir meinen nämlich grosse profes- sionelle Gründer, nicht kleine dilettantenhafte Gründlinge - that kurz und gut das Hamburger Strafgericht. Es verurteilte den Director Greve zu einem Monat Gefängniss, und das Oberappellati- onsgericht in Lübeck hat diese Sentenz einfach bestätigt. Leider vermochte die Strafe nicht die eigentlichen Attentäter, die Gründer zu erreichen: sie traf nur deren Werkzeug, den jungen Director Greve, der sich nun von einer durch Strohmänner gebildeten Generalversammlung als Märtyrer fei- ern liess. Mit Recht konnten Greve und seine Vert- heidiger behaupten, solche “Verschleierungen” seien bei den Actiengesellschaften von 1871/72 gang und gebe, solch falsche Bilanzen wären in Deutschland hunderte und tausende publicirt. Aber auch die Ansichten der Richter wechseln, und das Preussische Obertribunal hat bereits ent- schieden, dass der von den Gründern verschwie- gene Profit als Betrug angesehen werden soll. Nun denke man sich einmal, dass dieses Präjudiz zur allgemeinen Anwendung käme - was für ein Schau- spiel würden wir dann erleben! Wir würden plötz- lich auf der Armensünderbank sehen tausende von reichen und vornehmen Gründern; und in den Gefängnissen würden als blosse Nummern figuri- ren und in grauen oder gestreiften Drillich umher- gehen: Zeitungsschreiber und Zeitungsbesitzer, “Volkswirthe” und Parlaments-Mitglieder, Geheim- räthe und Excellenzen, Edelleute und Grafen, gea- delte Börsianer und baronisirte Financiers. O, das wäre ein Schauspiel für Menschen und Götter!” So weit Glagau in seiner Schilderung, in der sich die ganze Problematik der AG-Gründungen in den Gründerjahren wiederfindet. Die Cuxhavener Immobilien-Gesellschaft selbst wartete vergeblich auf den Boom, den die Eisenbahn nach Cuxhaven bringen sollte. 1880 standen die Immobilien immer noch mit den alten überhöhten Werten zu Buche, mit der jammervollen Fußnote: “Bei der Unmöglichkeit, die einzelnen Grundstücke zur Zeit in zuverlässiger Weise abzuschätzen, ist der Werth zu Grunde gelegt, zu welchem dieselben laut Vertrag vom 12. Juni 1872 zu Buche stehen.” Welche Ironie: Diesen Text verfaßte der immer noch amtierende Director Heinrich Greve, nach- dem man ihn gerade wegen dieser Überbewertung zuvor in’s Gefängnis geschickt hatte. Große Erträ- ge warf der Grundbesitz nicht ab, wenngleich Greve sich bemühte, wenigstens von dem auf- blühenden Fischereihafen zu profitieren und noch ein Eishaus baute. Am Ende reichte der tatsächli- che Wert der Besitzungen kaum aus, die darauf lie- genden Hypothekenbelastungen abzudecken. 3,6 Mio. Mark Aktienkapital konnten die Aktionäre als verloren abschreiben. Sehr dekorative Gestaltung mit zwei Vignetten eines Uralt-Personenzuges und eines Raddampfers. Maße: 24,6 x 32,7 cm. Mit bei- liegendem kompletten Kuponbogen. Nur 15 Stücke wurden 2006 gefunden! Nr. 209 Schätzpreis: 500,00 EUR Startpreis: 200,00 EUR Dachschieferbergwerk “Louise I” Kux-Schein über 20 von 100 Kuxen, Nr. 16 Caub, 29.7.1874 EF Ausgegeben waren 16 Kux-Scheine (R 10). Das Dachschieferbergwerk in der Gemeinde Lier- schied wurde von David Isaac Fuldauer gemutet (geboren 1830 im niederländischen Almelo, die Familie war mit den niederländischen Rothschilds verschwägert), der sich mit dem ebenfalls jüdi- schen Amsterdamer Finanzier Benjamin Wolff als Kapitalgeber verband. Seit mehr als 2000 Jahren wird aus dem Kauber Schieferzug, der den Rhein zwischen Bacharach und Oberwesel in westöstli- cher Richtung durchquert, Schiefergestein gewon- nen. Indem sich der Rhein tief ins Gebirge ein- schnitt, ließ er die Schiefervorkommen zu Tage treten. Schon die Römer beuteten die Dachschie- fervorkommen des Kauber Horizontes aus und verwendeten das Baumaterial u.a. zur Bedeckung des berühmten Limes bei Xanten. Um 1300 wer- den Schiefergruben im Kauber Schieferzug akten- kundig, und Kaub (auf der rechten Rheinseite zwi- schen Lorch und St. Goarshausen gelegen) ent- wickelt sich zu einem Zentrum des rheinischen Schieferabbaus. 1889 werden hier die Gewin- nungsbetriebe als “Grube Rhein” zu einer Groß- grube zusammengeschlossen, die in 4 Etagen übe- reinander aus Stollen Dachschiefer förderte. Mitte der 1960er Jahre verursacht die Einführung von Kunstschiefer ein großes Grubensterben am Rhein. Die Grube Rhein begegnete dem durch den Bau eines Mineralmahlwerkes, das noch heute von der Schieferwerk Bacharach GmbH betrieben wird. Originalunterschriften, Übertragungsver- merke bis 1886. Maße: 33,2 x 21,5 cm. Doppelblatt. Nur 5 Stücke wurden 2007 in alten holländischen Erbschaftsunterlagen gefunden. Nr. 210 Schätzpreis: 500,00 EUR Startpreis: 175,00 EUR Dachschieferbergwerk “Van der Höven” Kux-Schein über 20 von 100 Kuxe, Nr. 15 Caub, 29.7.1874 EF/VF (R 10) Das Dachschieferbergwerk in der Gemein- de Auel wurde ebenfalls von David Isaac Fuldauer gemutet (siehe das Los davor). Originalunter- schriften, Übertragungsvermerke bis 1886. Maße: 33 x 21 cm. Doppelblatt. Nur 5 Stücke wurden 2007 in alten holländischen Erbschaftsunterlagen gefunden. Nr. 211 Schätzpreis: 500,00 EUR Startpreis: 180,00 EUR Dachschieferbergwerk Watermann Kux-Schein über 20 von 100 Kuxe, Nr. 15 Caub, 29.7.1874 EF Ausgegeben waren 15 Kux-Scheine (R 10). Das Dachschieferbergwerk in der Gemeinde Welterod wurde ebenfalls von David Isaac Fuldauer gemutet (siehe das Los davor). Originalunterschriften, Übertragungsvermerke bis 1886. Maße: 33 x 21,2 cm. Doppelblatt. Nur 5 Stücke wurden 2007 in uralten holländischen Erbschaftsunterlagen gefunden. 46 Auktionshaus Gutowski • 62. Auktion Historischer Wertpapiere am 18.7.2016 Nr. 209 Nr. 210 Nr. 211

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